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Aktuelles

37. Fortbildung außerhalb der Arbeitszeit vergütungspflichtig

Der EuGH hat am 28.10.2021

C-909/19

geurteilt, dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin, der/die eine vom Arbeitgeber vorgesehene berufliche Weiterbildung absolviert, Anspruch auf Vergütung für die Zeit der Teilnahme hat, wenn diese außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt wird.

36. Zuschläge für Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten nach TVöD-K?

Das BAG hat mit

Urteil vom 15.10.2021 - 6 AZR 253/19

entschieden, dass nach der tariflichen Regelung des TVöD Teilzeitbeschäftigten, die länger als ihre vertraglich festgelegte Wochenarbeitszeit arbeiten müssen, kein Zuschlag gem. § 8 Abs. 1 Ziff. a TVöD-K haben, solange sie nicht länger als die regelmäßige Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten arbeiten müssen.
Das BAG begründet dies damit, dass die maßgeblichen Tarifregelungen für Voll- und Teilzeitbeschäftigte so stark voneinander abweichen, dass keine Vergleichbarkeit mehr gegeben sei und die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum hierbei nicht überschritten hätten. Ferner stellt das BAG fest, dass die Regelung des § 7 c TVöD-K (Zulagen für Schicht- und Wechselschichtarbeit) wegen Unklarheit der Regelung (Tarifnorm) unwirksam ist.

35. Zur Form eines Zeugnisses:

Das BAG hat in einem Urteil vom 27.04.2021

9 AZR 262/20

festgelegt, dass ein qualifiziertes Arbeitszeugnis nicht in der Form eines Schulzeugnisses (Beispiel: Deutsch - gut; Mathematik - befriedigend; usw) erteilt werden darf.
Individuelle Hervorhebungen und Differenzierungen müssen durch ein im Fließtext formuliertes Arbeitszeugnis die besonderen Nuancen von Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zum Ausdruck bringen. Zeugniszweck ist es, als aussagekräftige Bewerbungsunterlage dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin zu dienen.
(NZA 2021, S. 1327

34. Männer und Frauen - gleiche Bezahlung?

Sowohl deutsches wie auch EU-Recht fordern, dass bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Männer und Frauen gleich vergütet werden müssen, d.h., dass eine geschlechtsabhängige Entgeltdiskriminierung nicht zulässig ist. Um dies in der Praxis durchsetzen zu können, gibt es seit 2017 das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG).
Die Klage einer Arbeitnehmerin (Abteilungsleiterin) auf höhere Vergütung (Differenz zwischen ihrem und dem ihr mitgeteilten Vergleichsentgelt) landete beim BAG.
Hier ging es um die Frage, ob die Klägerin beweisen müsse, dass die Entgeltbenachteiligung "wegen ihres Geschlechts" erfolge oder der Arbeitgeber die Vermutung widerlegen müsse, dass die Benachteiligung wegen des Geschlechts der Arbeitnehmerin erfolge (sog. Beweislastverteilung). Das BAG hat nunmehr mit

Urteil vom 21.01.2021 - AZR 488/19

entschieden, dass der - unstrittige - Tatbestand, dass die Arbeitnehmerin weniger als das Vergleichsentgelt männlicher Abteilungsleiter verdiene, die Vermutung rechtfertige, dass ein Gleichbehandlungsverstoß vorliege. Den könne allerdings - sofern möglich - der Arbeitgeber widerlegen. Dafür trägt er allerdings die Beweislast. Das bedeutet, er muss mit sachlich nachvollziehbaren und beweisbaren Gründen die ungleiche Vergütung rechtfertigen.

33. Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages

Mit einem

Urteil vom 07.02.2019 - 2 AZR 75/18

hat das BAG deutlich gemacht, dass ein Arbeitgeber eine Beschäftigte oder einen Beschäftigten mit einem angebotenen Aufhebungsvertrag nicht übers Ohr hauen darf. Vielmehr muss der Arbeitgeber das Gebot fairen Verhandelns beachten. Tut er das nachweislich nicht, ist der Aufhebungsvertrag unwirksam.
Im zugrundeliegenden Fall ging es darum, dass der Ehemann der Arbeitgeberin eine Beschäftigte, die krankheitsbedingt arbeitsunfähig und durch Einnahme eines Schmerzmittels geschwächt war, zu Hause aufsuchte und sich von dieser den von der Arbeitgeberin entworfenen Aufhebungsvertrag unterschreiben ließ.
(NZA 2019, 688 ff)

32. Urlaubsübertragung - Änderung der Rechtsprechung!

Bisherige Rechtslage:
Wenn durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder ausdrückliche Zusage des Arbeitgebers die Übertragung des Jahresurlaubs bzw. eines Teiles davon nicht vorgesehen war, dann galt nach Gesetzeslage ( § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) Folgendes:
Urlaubstage konnten nur übertragen werden, wenn entweder der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Gründe die Gewährung des Urlaubes oder Teile davon im Urlaubsjahr abgelehnt hatte (im Bestreitensfall war der Arbeitnehmer dafür beweispflichtig!) oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (i.d.R. krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit) die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs unmöglich machten.

Insbesondere beim Ausscheiden von Arbeitnehmern aus dem Arbeitsverhältnis kommt es häufig zu Streitigkeiten ob und ggfl. wie viele Urlaubstage aus dem vorausgegangenen Kalenderjahr noch zu gewähren bzw. abzugelten sind. Bisher konnte sich die Arbeitgeberseite auf den bequemen Standpunkt stellen, dass der Arbeitnehmer die ihm zustehenden Urlaubstage im jeweiligen Kalenderjahr ja gar nicht beantragt habe.
Folge in vielen Fällen: Die Urlaubstage waren verfallen, da es an der nachweisbaren Voraussetzung für die gesetzliche Ausnahmeregelung fehlte.

Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben, indem es dem Arbeitgeber zur Pflicht macht, vor Ablauf des Kalenderjahres rechtzeitig die Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den ihnen (noch) zustehenden Urlaub zu nehmen und ganz klar darauf hinzuweisen, dass ihr (Rest-)Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Kalenderjahres erlischt.

BAG Urteil vom 25.06.2019 - 9 AZR 546/17

31. Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit - Folgebescheinigung

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Arbeitnehmerin die Beweislast dafür trägt, dass eine vorhergehende Arbeitsunfähigkeit tatsächlich geendet hatte, wenn im unmittelbaren Anschluss daran bei ihr eine weitere Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung ärztlicherseits attestiert wird.

Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin ist vom 07.02. bis 18.05. wegen eines psychischen Leidens ununterbrochen krankgeschrieben. Ab dem 19.05. ist sie dann wegen eines gynäkologischen Leidens krank. Das ist an sich nicht mehr diesselbe Krankheit i.S. d. § 3 Abs. 1 EGFZG, sodass sich die Frage stellt, ob die Arbeitnehmerin erneut Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben könnte.
Das BAG hat mit

Urteil vom 11.12.2019 - 5 AZR 505/18

diesen Anspruch aber abgelehnt, weil die Arbeitnehmerin nicht nachweisen konnte, dass die Arbeitsunfähigkeit wegen des psychischen Leidens mit dem 18.05. geendet habe. Nach der Rechtsprechung gilt der Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles.
Das bedeutet, dass bis zum Beweis des Gegenteils für die Arbeitsunfähigkeit nach dem 18.05. auch die Arbeitsunfähigkeit wegen des psychischen Leidens, also diesselbe Krankheit, maßgeblich bleibt! Anders wäre es gewesen, wenn der behandelnde Arzt der Arbeitnehmerin hätte bestätigen können, dass diese mit Ablauf des 18.05. von ihrem psychischen Leiden so geheilt war, dass sie ihre Arbeitskraft hätte wieder zur Verfügung stellen können, wäre ab dem 19.05. wegen einer anderen Erkrankung keine erneute Arbeitsunfähigkeit eingetreten.

30. Kein Urlaubsverfall!

Nach dem EuGH hat jetzt auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) das Ruder im deutschen Urlaubsrecht gewendet.
Die Arbeitgeber sind nach der neuen Rechtsprechung verpflichtet, "konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun."
Die Arbeitgeber haben ihren Beschäftigten klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Kalenderjahres verfallen wird, wenn der Beschäftigte ihn nicht nimmt.

BAG, Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15

29. Handynutzung und Arbeitsunfall

Erleidet ein Arbeitnehmer auf seinem Weg zur oder von der Arbeit einen Unfall, wird dieser grundsätzlich als Arbeitsunfall versicherungsrechtlich behandelt.
Anders liegt jedoch der Fall, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Unfalles mit dem Handy aus privatem Anlass telefoniert hat.
In diesem Fall hat das Sozialgericht Frankfurt a.M. mit

Urteil vom 18.10.2018 - S 8 U 207/16

entschieden, dass nur die Tätigkeit des Nachhausegehens vom Arbeitsort, nicht jedoch das gleichzeitige Telefonieren mit dem Handy versichert sei. Ein Arbeitsunfall sei abzulehnen, wenn eine unversicherte Tätigkeit (Telefonieren) die wesentliche Unfallursache sei.

28. Neues zu Meinungsfreiheit und Schmähkritik (NZA 2018, S. 924)

In einem

Beschluss vom 30.05.2018 – 1 Br 1149/17 –-

hat das Bundesverfassungsgericht erneut das "freie Wort" und damit die Meinungsfreiheit im Betrieb und Unternehmen geschützt.
Von einem Arbeitnehmer gegen den Betriebsleiter in einem Schreiben an die Belegschaft erhobene Vorwürfe, in dem Ausdrücke enthalten sind wie:

- Beschäftigte werden wie Zitronen ausgepresst
- Alte, Kranke und "Verschlissene" werden gegenüber Gesunden, Jungen, Leiharbeitnehmer und befristet Beschäftigte ausgespielt
- mit Befristeten werde brutal gespielt

rechtfertigen nicht die Qualifizierung als sog. "Schmähkritik", die nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, wenn die – zugespitzte und polemische – Kritik einen Sachbezug hat. Das gilt z.B. dann, wenn die Kritik sich gegen Rücksichtslosigkeit gegenüber älteren und behinderten Beschäftigten oder existierende prekäre Arbeitsverhältnisse richtet.
Es kommt aber darauf an, dass die kritischen Meinungsäußerungen einen sachlich nachvollziehbaren Grund oder Anlass haben und nicht bloß willkürlich aus der Luft gegriffen sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings – und dies ist nicht ganz konsequent – die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung für zulässig erachtet, da das Landesarbeitsgericht eine Gesamtabwägung vorgenommen habe, die auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit im Betrieb (gerade noch?) vertretbar sei.

27. Sachgrundlose Befristung

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig, wenn der/die Beschäftigte in der Vergangenheit schon einmal beim Arbeitgeber gearbeitet hatte und zwar gleichgültig, wie lange das schon her ist.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte aber 2011 entschieden, dass ein »Zuvor-Arbeitsverhältnis« auch dann nicht vorliegt, wenn dieses länger als 3 Jahre zurückliegt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat allerdings am 06.01.2018 entschieden, dass die Richter des BAG ihre Rechtsfortbildung zu weit getrieben hätten. Daher gilt nunmehr wieder die frühere Rechtspraxis:
Von Ausnahmen abgesehen (z.B. Praktikum, Ausbildung, sehr lange Zeit zurückliegend), ist also eine sachgrundlose Befristung bei Vorbeschäftigung nicht zulässig.
Nachdenklich macht der Hinweis des 7. Senats, dass die Arbeitgeberin bei Abschluss des befristeten Vertrages die Möglichkeit hätte in Betracht ziehen müssen, dass die Auslegung des BAG vor dem BVerfG keinen Bestand haben könne - ist also ein Mißtrauen gegen höchstrichterliche Rechtsprechung stets notwendig?

BAG, Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16

26. Freiwillige Grippeschutzimpfung im Betrieb

Wer haftet für Gesundheitsschädigungen durch eine Grippeimpfung?
In einem Unternehmen wurden Grippeschutzimpfungen durch zwei Ärztinnen mit Billigung und Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber durchgeführt. Die Teilnahme war freiwillig.
Eine Teilnehmerin erlitt als Folge der Impfung schwere Bewegungseinschränkungen und Schmerzen. Über die Risiken einer Grippeschutzimpfung wurde sie weder durch den Arbeitgeber noch durch die Ärztinnen aufgeklärt.

Das BAG hatte darüber zu entscheiden, ob der Arbeitgeber für den Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz haftet.

Das BAG entschied: nein!

BAG, Urteil vom 21.12.2017 – 8 AZR 853/16

Begründung:
Zwischen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber sei kein Behandlungsvertrag zustande gekommen, da die Arztinnen im eigenen Namen zur Impfung eingeladen hätten. Allein das Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme seiner Beschäftigten schafft noch keine Haftung für Behandlungsfehler.
Anders kann der Fall aber dann liegen, wenn der Arbeitgeber selbst zur Teilnahme an betrieblichen Grippeschutzimpfungen aufruft und/oder er seine Sorgfaltspflicht bei der Auswahl der Impfärzte verletzt.

25. Wahlvorstand (Betriebsratswahl) aufgepasst:

An der Wahl zum Betriebsrat darf nur teilnehmen, wer in die Wählerliste eingetragen ist.

Änderungen und Ergänzungen der Wählerliste (z.B. wegen Ausscheiden oder Einstellungen von Arbeitnehmern nach Bekanntmachung der Wählerliste) sind nur bis zum Tag vor der Stimmabgabe zulässig (§ 4 Abs. 3 WO).

Ab dem Tag der Stimmabgabe dürfen solche Änderungen nicht mehr vorgenommen werden. Geschieht das dennoch, kann dieses Vorgehen zur Anfechtung und Unwirksamkeit der BR-Wahl führen.

BAG, Beschluss vom 21.03.2017, 7 ABR 19/15
NZA 2017, S. 1075

24. Kündigung – soziale Auswahl – Regelaltersrente

In einem Urteil vom 27.04.2017 hatte das Bundesarbeits­gericht zu entscheiden, ob bei einer ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung im Rahmen der sozialen Auswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) das Kriterium Lebensalter auch bei einem Arbeitnehmer zu berücksichtigen ist, der bereits Regelaltersrente bezieht.

Der gekündigte »Rentner« machte geltend, eine vergleichbare Kollegin, verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet, sei weniger schutzwürdig, da diese erst 34 Jahre alt und erst 6 Jahre beschäftigt sei.

Das BAG entschied folgendermaßen:

Die Berücksichtigung des Lebensalters bei der sozialen Auswahl gebiete es, Arbeitnehmer, die bereits Regelaltersrente beziehen, als deutlich weniger schutzwürdig anzusehen als Arbeitnehmer, die noch keinen Anspruch auf eine Altersrente haben. Ihr Lebensalter spielt daher bei der sozialen Auswahl praktisch keine Rolle.

BAG, Urteil vom 27.04.2017 – 2 AZR 67/16

23. Überwachung am Arbeitsplatz – alles hat seine Grenzen!

Die Überwachung von Beschäftigten bei ihrer Arbeit z.B. durch Videoanlagen und ihre Speicherung und Auswertung ist grundsätzlich verboten, weil damit das infomationelle Selbst­bestimmungsrecht als Teil des allgemeinen Persönlich­keits­rechts (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt wird (siehe hierzu auch Ziffer 17 unten!).

Was für die Videoüberwachung gilt, muss auch für den Einsatz sog. »Software-Keylogger« gelten. Das hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt

Urteil vom 26.07.2017 – 2 AZR 681/16

Mit einem solchen Keylogger werden alle Tastatureingaben an einem Computer protokolliert und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) gemacht und gespeichert. Solche Über­wachungs­maß­nahmen bedürfen zu ihrer Zulässigkeit natürlich generell erst einmal der Zustimmung des Betriebsrats. Außerdem sind sie nur zulässig, wenn ein auf einen oder ggf. mehrere Beschäftigte bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht. Liegt ein solcher Verdacht nicht vor, können eventuell belastende Fakten in einem gerichtlichen Verfahren (z.B. in einem Kündigungs­schutz­prozess) nicht zum Nachteil des Beschäftigten verwendet werden. Die Informations­gewinnung ist damit auch nach § 32 Abs. 1 BDSG nicht zulässig.

22. Elternzeit – unbedingt schriftlich verlangen

Unlängst hat das BAG entschieden, dass die von einer Mitarbeiterin beanspruchte Elternzeit nur wirksam in Kraft tritt, wenn diese spätestens sieben Wochen vor Beginn gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich verlangt und gleichzeitig von der Mitarbeiterin erklärt wird, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren (oder ggf. für volle zwei oder drei Jahre) sie Elternzeit nehmen will.

Eine Arbeitnehmerin hatte sich gegenüber ihrem Arbeitgeber darauf berufen, dass sie diesem per Telefax mitgeteilt habe, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme.

Das Schreiben muss mit der Originalunterschrift eingereicht werden. Ein Fax erfüllt diese Voraussetzung nicht (§ 125 Satz 1 BGB).

Die Inanspruchnahme der Elternzeit war daher nichtig und die Mitarbeiterin zur Arbeitsleistung verpflichtet.

BAG, Urteil vom 10.05.2016, 9 AZR 145/15

21. Beweiserleichterung bei Vergütung für Überstunden

Von Arbeitnehmern werden häufig Überstunden ohne Zeitausgleich verlangt.

Wenn Arbeitnehmer dann für die von ihnen geleisteten Überstunden Vergütung einklagen müssen, verlangt die Rechtsprechung bisher von den Klägern, dass sie beweisen können, wann sie exakt wie viele Überstunden geleistet haben und dass sie vom Arbeitgeber veranlasst (»Ich erwarte von Ihnen, dass das Angebot heute noch rausgeht – egal, wie lange das noch dauert«).

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr mit

Urteil vom 25.03.2015 ‐ 5 AZR 602/13

die Beweislage für die Arbeitnehmer etwas erleichtert.

Wenn feststeht, dass vom Arbeitnehmer tatsächlich Überstunden ohne Bezahlung geleistet worden sind, dieser aber nicht jeder einzelne Überstunde belegen kann, darf das Gericht den Umfang der geleisteten Überstunden nach § 287 Abs. 2 in Verbindung mit § 287 Abs. 1 ZPO schätzen.

Allerdings:
Das bedeutet, dass auch künftig ein konkreter Sachvortrag – wann warum wie viele Überstunden angefallen sind – erforderlich ist, auch wenn nicht jede einzelne Stunde belegt werden muss.

Beispiel:
Arbeitnehmer muss nach offiziellem Arbeitsende unstreitig noch regelmäßig Abschlussarbeiten machen, an Besprechungen teilnehmen oder Kunden beraten.

20. Keine Abmahnung für Betriebsrats­mitglieder

Mit einem

Beschluss vom 09.09.2015 – Az. 7 ABR 69/13

hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt:

Wenn ein Arbeitgeber meint, dass ein Betriebsratsmitglied seine Amtspflichten verletzt hat, darf er keine Abmahnung oder gar außerordentliche Kündigung aussprechen. Allenfalls kann der Arbeitgeber den Ausschluss aus dem Betriebsrat beantragen, wenn das Betriebs­rats­mitglied massiv seine Amtspflichten verletzt hat.

Und noch etwas:
Das jeweilige Betriebsratsmitglied – nicht der Betriebsrat als Gremium! ‐ kann auch im Wege eines Beschlussverfahrens die Rücknahme der Abmahnung verlangen!

19. Versetzung nach »j.w.d.« zulässig?

In vielen Arbeitsverträgen befindet sich heute die Formulierung, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten auch an anderen Standorten des Unternehmens, zumindest in Deutschland, einsetzen darf.
Unabhängig davon, dass bei einer Versetzung der jeweilige Betriebsrat als abgebender und aufnehmender Betrieb mitzubestimmen hat, wird durch eine solche vertragliche Regelung dem Arbeitgeber ein Direktionsrecht eingeräumt, d.h. er kann grundsätzlich ohne Zustimmung des Betroffenen die Versetzung anordnen.

Allerdings:
Auch in einem solchen Fall muss der Arbeitgeber gemäß § 315 BGB »billiges Ermessen&laqup; walten lassen, d.h. er muss die berechtigten Interessen des Betroffenen angemessen und ernsthaft berücksichtigen und mit den betrieblichen Interessen abwägen. Insbesondere muss er ggf. im Einzelfall prüfen, ob ein anderer Arbeitnehmer von der Versetzung weniger stark, z.B. in seinen familiären Belangen, betroffen ist.

In einem vom

LAG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 26.08.2015, 3 Sa 157/15

entschiedenen Fall ging es um einen Isolierer mit 3-köpfiger Familie, der auf einer ca. 660 km entfernten Baustelle eingesetzt werden sollte, obwohl es auch unverheiratete Kollegen gab, die diese Tätigkeit hätten übernehmen können.
Das LAG hat die Versetzung als rechtswidrig beurteilt!

18. Private Telefonate auf Kosten des Arbeitgebers

Den Beschäftigten eines Betriebs war es gestattet, private Anrufe über die Telefonanlage des Arbeitgebers zu tätigen. Eine Beschäftigte hatte in den Arbeitspausen mehrere Anrufe bei der Hotline eines lokalen Radiosenders im Rahmen eines Gewinnspiels gemacht. Jeder Anruf kostete 0,50 €. Es kam so ein Betrag von 18,50 € zusammen, der vom Arbeitgeber gezahlt wurde.
Der Beschäftigten wurde eine fristlose Kündigung von ihrem Arbeitgeber wegen dieses Verhaltens ausgesprochen.

Das

LAG Düsseldorf (Urteil vom 16.09.2015 ‐ 12 Sa 630/15)

hat die fristlose Kündigung für überzogen, also unwirksam angesehen. Das Verhalten der Beschäftigten sei zwar pflichtwidrig gewesen, aber habe nicht das Gewicht gehabt, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Umstand, dass der Umfang der privaten Telefonnutzung nicht näher geregelt gewesen sei und die Aktivitäten der Beschäftigten in den Pausenzeiten stattgefunden hätten, seien zu Gunsten der Beschäftigten zu bewerten.

17. Runterladen von DVDs am Arbeitsplatz – fristlose Kündigung! »Andere machen's doch auch!« Gleichbehandlung?

Auf der Festplatte eines Computers, der von dem gekündigten Arbeitnehmer genutzt wurde, fanden sich über 1.100 bearbeitete private DVDs, die von diesem kopiert und für sich selbst und Kollegen gebrannt wurden.
Das BAG hat die fristlose Kündigung des Arbeits­verhältnisses als berechtigt angesehen, auch wenn die »Tatbeteiligung« verschiedener anderer Mitarbeiter, die von dem Vorgehen offenbar auch profitierten, im Einzelnen offenblieb.
Für die Wirksamkeit der Kündigung sei nicht entscheidend, welche Maßnahmen die Arbeitgeberin gegenüber den anderen Beschäftigten ergriffen habe.
Der Gleich­behand­lungs­grundsatz finde – so das BAG – im Rahmen verhaltens­bedingter Kündigung grundsätzlich keine Anwendung.

BAG, Urteil vom 16.07.2015 – 2 AZR 85/15

16. Urlaub bei Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenstunden

Die Rechtsprechung in Deutschland war der Auffassung, dass ein erworbener, noch nicht genommener Jahresurlaub bei Wechsel in Teilzeit mit weniger Wochenarbeitstagen (bspw. statt fünf nur noch drei Wochen­arbeitstage) vom Arbeitgeber verhältnismäßig gekürzt werden dürfe.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) lehnt diese Rechtsprechung wegen Diskriminierung Teilzeit­beschäftigter ab. Dem hat sich jetzt auch das Bundes­arbeits­gericht in einem Fall, in dem es um die Anwendung des TVöD ging, angeschlossen.

BAG Urteil vom 10.02.2015, Az. 9 AZR 53/14

15. Jubiläumsgeld und Jubiläumstag

Das BAG hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob einem Arbeitnehmer, der mit dem Tag, an dem er 40 Beschäftigungs­jahre vollendet hat, ausscheidet (Einstellung 01.03.1972, Beendigung 29.02.2012), ein vom Arbeitgeber versprochenes Jubiläumsgeld zustehe.

Ein Arbeitgeber hatte das abgelehnt und argumentiert, der »richtige Jubiläumstag« sei ja der 01.03.2012 und das Jubiläumsgeld sei auch erst an diesem Tag fällig, der Arbeitnehmer aber ab dem 01.03.2012, 0 Uhr, nicht mehr Beschäftigter.

Das BAG hat nun entschieden,

BAG Urteil vom 09.04.2014, 10 AZR 635/13

dass dem ehemaligen Beschäftigten das Jubiläumsgeld trotzdem zusteht, da es nur auf die Vollendung der Beschäftigungs­zeit von 40 Jahren (29.02.2012, 24:00 Uhr) ankommt.

Die Vorinstanzen hatten »wegen des eindeutigen Wortlauts« gerade andersrum entschieden.

14. Bezahlte Freistellung im Arbeitsverhältnis (des öffentlichen Dienstes) bei schwerer Erkrankung eines Kindes

§ 29 TVöD sieht vor, dass bei einer schweren Erkrankung eines Kindes unter 12 Jahren ein Anspruch auf bezahlte Freistellung bis zu 4 Arbeitstagen im Kalenderjahr besteht. Das Bundesarbeits­gericht hat nun entschieden, dass für den Fall, dass ein weiteres Kind des/der Beschäftigten schwer erkrankt, noch ein weiterer Tag mit bezahlter Freistellung hinzukomme. Dies ergebe sich aus § 29 Abs. 1 Satz 3 TVöD.

BAG Urteil vom 05.08.2014 – 9 AZR 878/12

Eine schwere Erkrankung liegt vor, wenn die Pflege des erkrankten Kindes unerlässlich ist (BAG, 5 AZR 361/78) und ist durch ärztliches Attest zu bestätigen.
Im Übrigen wird der Anspruch auf Arbeitsbefreiung und Krankengeld bei Pflege von Kindern in § 45 SGB V geregelt (10 Tage im Kalenderjahr für jedes Kind unter 12 Jahren, 20 Tage für Alleinerziehende).

13. Unbezahlter Sonderurlaub und Urlaubsanspruch

Es gibt gesetzliche Regelungen, die eine entsprechende Kürzung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs für den Zeitraum, in dem Beschäftigte beurlaubt sind, z.B. wegen Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG), zulassen. Das BAG hatte nun zu entscheiden, ob das entsprechend auch dann gilt, wenn ein/e Arbeitnehmer/in mit dem Arbeitgeber für mehrere Monate unbezahlten Sonderurlaub vereinbart hat.
Das BAG hat am 06.05.2014 entschieden: NEIN!
Die gesetzliche Vorschrift ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BurlG unabdingbar!

BAG Urteil vom 06.05.2014, Az: 9 AZR 678/12

12. Die unbezahlte Praktikantin – von wegen

Der REWE-Markt Bochum muss einer Praktikantin für 1.700 geleistete Arbeitsstunden (8 Monate vor Ausbildungsbeginn musste sie umsonst arbeiten!) 17.281,50 € Arbeitslohn zahlen.

Arbeitsgericht Bochum Urteil vom 25.03.2014, Az: 2 Ca 1482/13

11. ArbeitnehmerInnen mit Leistungs­einschrän­kungen – kein Grund sie als arbeitsunfähig krank abzuschreiben!

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am Fall einer Krankenschwester, die in einem mittelgroßen Krankenhaus beschäftigt ist, entschieden, dass diese nicht als arbeitsunfähig krank vom Arbeitgeber eingestuft werden darf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschicht leisten darf. Vielmehr hat sie Anspruch auf Beschäftigung, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden. Der Arbeitgeber muss bei der Schichteinteilung auf das gesundheitliche Defizit des/der ArbeitnehmerIn Rücksicht nehmen.

BAG vom 09.04.2014 – 10 AZR 637/13

10. »Ausgleichsquittungen« – eine Falle für Arbeitnehmer?

Wird eine sog. Ausgleichsquittung (»Beide Parteien sind sich darüber einig, dass sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, aus welchem Rechtsgrund auch immer, erledigt sind.«) außerhalb eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrages oder eines Vergleichs unterschrieben, bringt dies keinen Abgeltungs- oder Erledigungswillen des Arbeitnehmers zum Ausdruck. Der Arbeitgeber kann sich hierauf bei einer späteren klageweisen Geltendmachung von Ansprüchen des Arbeitnehmers nicht berufen.

BAG vom 23.10.2013 – 5 AZR 135/12

9. Durchsuchung des persönlichen Schranks am Arbeitsplatz – unerlaubt!

Arbeitnehmer müssen darauf vertrauen können, dass ihnen zugeordnete persönliche Schränke, wie z.B. auch die Schreib­tisch­schub­laden mit persönlichen Sachen, nicht ohne ihr Einverständnis geöffnet und durchsucht werden.
Geschieht dies dennoch, liegt – unbeschadet einer möglichen Verletzung daten­schutz­recht­licher Bestimmungen – regelmäßig ein schwerwiegender Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht vor, dessen Schutz Artikel 2 I GG gewährleistet. Der Eingriff kann nur bei Vorliegen zwingender Gründe gerecht­fertigt sein. Die prozessuale Verwertung von Ergebnissen einer Schrank­durch­suchung, die in Abwesenheit des Arbeitnehmers durchgeführt wurde und in seinem Beisein ebenso effektiv gewesen wäre, ist daher ausgeschlossen.

BAG vom 20.06.2013, Az.: 2 AZR 546/12

8. Fristlose Kündigung und beharrliche Arbeitsverweigerung

Wer sich weigert seine Arbeit auszuführen, weil er denkt, dass ihm nicht die Vergütung gezahlt wird, die ihm eigentlich zusteht, z.B. Zulagen für bestimmte Tätigkeiten oder Zuweisung bestimmter Arbeiten, die mit einem Zuschlag verbunden sind, riskiert eine fristlose Kündigung. Ein Irrtum schützt ihn nicht! Der Arbeitnehmer muss erst einmal die ihm zugewiesene Arbeit verrichten und kann nach Erhalt der Abrechnung die ihm ggf. zustehende Vergütung einklagen.

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.10.13, Az: 5 Sa 111/13

7. Fragerecht des Arbeitgebers bei Bewerbungen

Die Frage eines Arbeitgebers an den oder die Bewerber/in (Lehrer/in), ob gegen ihn/sie ein Er­mittlungs­verfahren bei der Staats­anwalt­schaft anhängig sei oder in den letzten drei Jahren anhängig gewesen sei, ist generell unzulässig. Der Bewerber bzw. die Bewerberin musste die Frage daher nicht wahrheitsgemäß beantworten.

BAG vom 15.11.2012 – Az: 6 AZR 339/11

6. Kettenbefristung und Rechtsmissbrauch

Das Gesetz lässt z.B. bei Vertretungs­bedarf den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen – auch in Folge – grundsätzlich zu (§&nbasp;14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Teil­zeit­befristungs­gesetz).
Das BAG und der EuGH hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, ob solche Befristungen auch zulässig sind, wenn z.B. in einem Betrieb oder einer Dienststelle ein ständiger Vertretungsbedarf besteht. Im Streitfall war eine Angestellte bei einem Gericht über 11 Jahre ununterbrochen auf der Grundlage von 13 befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt worden.
Das BAG hat im Anschluss an den EuGH (26.01.2012 – C-586/10 – Kücük) im Urteil vom 18.07.2012 im konkreten Fall entschieden, dass der Arbeitgeber die ihm dem Grunde nach zustehende Möglichkeit, befristete Verträge wegen des Vertretungs­bedarfs abzuschließen, rechts­miss­bräuchlich ausgenutzt hat (»institutioneller Rechts­missbrauch«).

BAG, Urteil vom 18.07.2012 – 7 AZR 443/09

Keinen Missbrauch sah das BAG allerdings in einem anderen Fall bei einer Gesamt­beschäftigungs­dauer von sieben Jahren und neun Monaten auf der Grundlage von vier Befristungen. Die Befristungen waren daher zulässig!

BAG, Urteil vom 18.07.2012 – 7 AZR 783/10

In einer Entscheidung vom 08.06.2016 – 7 AZR 259/14 – hat das BAG sogar ein insgesamt 22 Jahre auf Befristungen beruhendes Arbeitsverhältnis als rechtlich nicht zu beanstanden erklärt, da ein erheblicher Zeitraum der befristeten Beschäftigung der wissenschaftlichen Qualifizierung der Mitarbeiterin gedient habe.

5. Videoüberwachung und Kündigung

Heimlich vom Arbeitgeber angefertigte Videoaufzeichnungen verletzen das Persönlichkeits­recht von Beschäftigten. Sie dürfen daher als Beweismittel für eine Kündigung vom Arbeitsgericht nur zugelassen werden, wenn erstens keine weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung als die verdeckte Videoüberwachung in Betracht kommen, d.h. weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, zweitens ein hinreichend konkreter Verdacht für die Annahme besteht, dass eine schwere Verfehlung, z.B. Straftat, zu Lasten des Arbeitgebers vorliegt und drittens sie insgesamt nicht unverhältnis­mäßig ist.

BAG vom 21.06.2012 – Az.: 2 AZR 153/11

BAG vom 21.11.2013 – Az.: 2 AZR 797/11

4. Überstunden müssen bezahlt werden

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (BAG) hatte sich mit folgendem Fall zu beschäftigen:

Ein Lagerarbeiter mit einer vertraglichen Wochenarbeitszeit von 42 Stunden erhielt ein monatliches Entgelt von € 1.800,00 brutto. Nach Vertrag sollte der Arbeitnehmer bei betrieblichem Erfordernis ohne besondere Vergütung zu Mehrarbeit verpflichtet sein. Innerhalb von drei Jahren hatte es der Arbeitnehmer auf 968 Überstunden gebracht.

Das BAG hat mit Urteil vom 22.02.2012, Az: 5 AZR 765/10, dem klagenden Arbeitnehmer voll Recht gegeben:
Angesichts der Höhe der vereinbarten festen Vergütung war die Leistung von Überstunden nur gegen eine zusätzliche Vergütung zu erwarten. Der Anspruch des Arbeitnehmers ergibt sich aus § 612 Abs. 2 BGB!

3. Keine Abmeldepflicht bei Betriebsratsarbeit!

Es entsprach bisheriger Rechtsprechung des BAG, dass nicht-freigestellte Betriebs­rats­mit­glieder verpflichtet waren, sich bei ihrem Vorgesetzten abzumelden und die voraus­sicht­liche Dauer angeben mussten, wenn sie zur Verrichtung von Betriebsrats-Tätigkeiten ihren Arbeitsplatz verlassen wollten. Nunmehr hat das BAG entschieden, dass eine solche Abmeldepflicht jedenfalls dann nicht besteht, wenn das Betriebs­rats­mitglied an seinem Arbeitsplatz Betriebs­rats­aufgaben erledigt und daher eine vorübergehende Umorganisation der Arbeits­einteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Allerdings ist das Betriebs­rats­mit­glied verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der Betriebs­rats­tätigkeit mitzuteilen.

BAG, Beschluss vom 29.06.2011, 7 ABR 135/09

2. Frage nach Schwerbehinderung bei Einstellung

Das BAG hat mit Urteil vom 07.07.2011 – 2 AZR 396/10 – entschieden, dass die falsche Beantwortung eines Arbeitnehmers bei der Einstellung, ob er schwerbehindert sei, jedenfalls dann keine Anfechtung oder Kündigung des Arbeitsvertrages rechtfertigt, wenn die Täuschung nicht ursächlich für den Abschluss des Arbeitsvertrages war und die Annahme des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei ehrlich, nicht auf der falschen Antwort beruhte.
Das BAG hat jedoch nicht grundsätzlich entschieden, ob ein Arbeitgeber sich bei Einstellungen nach dem Bestehen einer Schwer­behinderung erkundigen darf.

1. Ehegatte gilt als Empfangsbote bei Übergabe einer Kündigung

Eine Arbeitnehmerin muss den Zugang einer Kündigung des Arbeits­verhält­nisses gegen sich gelten lassen, wenn der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben z.B. dem in einem Baumarkt beschäftigten Ehegatten dort aushändigt. Der Ehemann gilt als Empfangsbote. Unter normalen Umständen ist davon auszugehen, dass dieser nach seiner Rückkehr in die gemeinsame Wohnung das Kündigungsschreiben seiner Ehefrau aushändigt. Für die Berechnung der Kündigungs- oder der Klagefrist ist dieser Tag maßgeblich.

BAG, Urteil vom 09.06.2011, 6 AZR 687/09

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